Tipps und Infos
Stand April 2019. Selbst erlebt – somit subjektiv und ohne Gewähr.
Buchung
Portale wie Direct Ferries oder A Ferry geben bei Fährbuchungen einen guten ersten Überblick, die Buchung war dann aber direkt bei der Reederei Brittany Ferries, auf deren englischer Seite (https://www.brittany-ferries.co.uk/) einige Euro günstiger, vermutlich wegen des damals recht niedrigen Pfundkurses.
Ganz wie bei einer Pauschalreisebuchung wurde zunächst nur eine Anzahlung (25% des Fahrpreises) von meiner Kreditkarte abgebucht; der restliche Betrag dann acht Wochen vor der Abfahrt. Alle Abbuchungen wurden vorab mit einer E-Mail angekündigt. 24 Stunden vor der Reise versendete Brittany Ferries noch eine ausführliche Infomail zur Lage des Terminals in Portsmouth, Check-in Zeiten u. ä. Ein absolut einfaches und transparentes Buchungsverfahren – vorbildlich!
Die einfache Reise von Portsmouth nach Santander mit einer Übernachtung in einer Außenkabine (als Doppelkabine zur Alleinbenutzung) kam auf 194,00 Pfund (= 224,77 Euro im April 2019).
Reiseroute
Die Fähre Pont Aven verlässt Portsmouth am späten Dienstagnachmittag (weitere Abfahrten am Freitagnachmittag und Sonntagmorgen) Richtung Ärmelkanal.
Diesige Ausfahrt aus Portsmouth
An der Insel Ouessant vorbei beginnt in der Nacht die Durchquerung der Biscaya, welche den Rest der 25-stündigen Reisezeit in Anspruch nimmt.

Biscaya:
Am Ende der Überfahrt fährt das Schiff in die weite Bucht von Santander ein und macht schließlich am direkt im Stadtzentrum gelegenen Fährterminal fest.


Anreise
Portsmouth liegt im Südwesten von London in der Grafschaft Hampshire an einem Seitenarm des Ärmelkanals. Die Zugverbindung in die Hauptstadt ist gut. Wenn man vorausbucht und die Rush-hour, in diesem Fall der frühe Abend, vermeidet, sind Fahrkarten in der Standard Class schon ab 9 Pfund (Off-Peak, Single) zu haben.
Die Züge verkehren zwischen London-Waterloo und Portsmouth Central zum Endbahnhof Portsmouth Southend & Southsea. Sie werden von South Western Railway betrieben und Tickets können über deren Website oder das übergreifende Portal von National Rail reserviert werden. Das eigentliche Ticket kann man sich dann mit der Kreditkarte, auf die man gebucht hat, an jeden Londoner Bahnhof aus einem der Ticketautomaten ziehen.
Die Fahrt dauert zwischen 1:45 und 2:00 Stunden; die Züge verkehren alle 30 Minuten.
Eine praktische Website für erste, überblickshafte Recherchen von Bus- und Bahnverbindungen in aller Welt ist übrigens www.rome2rio.com.
Die Züge der Linie sind für England typische Durchgangstriebwagen mit einer eher spartanischen Regionalbahnbestuhlung, in schrillem Orange. Angenehm sind die großen Gepäckfächer, Klimaanlage und das kostenlose W-Lan, in dem sogar einige Filme und Serien als Onboard-Entertainment enthalten sind.
Wer direkt vom Zug auf die Fähre umsteigen will, sollte den Bahnhof Portsmouth & Southsea anfahren.
Einschiffung
Im Gegensatz zu den Baucontainern bei meiner Reise von Livorno nach Tanger oder von Cádiz auf die Kanaren verfügt der Portsmouth International Ferryport über ein regelrechtes Terminal.
Von der Innenstadt aus nimmt man am besten ein Taxi (ca. 15 Min, 7,00 bis 8,00 Pfund). Es gibt ab der Station City Shops South zwar auch Busse (u. a. #7 Richtung Wecok, #8 Richtung Clanfield), da aber keiner direkt am Terminal hält, sind diese nicht unbedingt zu empfehlen.
Der Fußweg vom Bahnhof dauert ca. 40 Minuten, ist nicht ausgeschildert (man kann sich aber ganz gut an den Schildern „International Ferry Port“ für Autofahrer orientieren) und ist durch zahlreiche Kreisverkehre, die man außen umrunden muss, recht mühsam.
Kurz vor dem Terminal ist eine Shell-Tankstelle mit kleinem Shop für letzte Provianteinkäufe.

Das Terminal wirkt wie ein Flughafen und verfügt über einen kleinen Laden, Wartebereich und im 1. OG ein Café mit schöner Dachterrasse. W-Lan ist überall kostenlos.

Portsmouth International Ferryport
Portsmouth International Ferryport
Beim Check-in von Brittany Ferries im Ergeschoss erhält man gegen Vorlage von Pass und Buchungscode eine Pappkarte, die gleichzeitig als Bordkarte und Kabinenschlüssel fungiert. Eine knappe Stunde vor Abfahrt wird das Boarding aufgerufen und nach kurzem Scan der Bordkarte geht es ohne weitere Bürokratie in Busse, die einen direkt zur Passagierbrücke am Pier fahren.
Reederei und Schiff
Die Reederei Brittany Ferries ist als „Grasswurzelinitiative“ bretonischer Bauern und Fischer um den Schweinefarmer und ehemaligen Anführer der militanten Jungbauernbewegung CDJA Alexis Gourvennec (1936-2007) entstanden. Dieser wollte in den späten 1960er Jahren die wirtschaftlich zurückgebliebene Bretagne an die europäischen Handelsströme anschließen, ohne dabei auf die verhassten Pariser Mittelsmänner angewiesen zu sein. Auch wollte er die Region an den „Keltischen Bogen“ entlang der Atlantikküste anbinden.
Da sich keine Reederei fand, die Frachtverbindungen zum neugebauten Tiefwasserhafen in Roscoff aufnehmen wollte, gründete Gourvennec, Spitzname „Der Bulldozer“, kurzerhand selber die Gesellschaft B.A.I. und nahm 1973, dem Jahr des EWG-Beitritts Großbritanniens, mit einem ehemaligen israelischen Panzertransporter Frachtdienste zwischen Roscoff und Plymouth auf.
1974 wurde die Gesellschaft in Brittany Ferries umbenannt und erste Passagierverbindungen eröffnet. Flotte und Verbindungen sind kontinuierlich gewachsen und heute betreibt die Reederei unter französischer Flagge elf Fähren und einen Frachter auf zwölf Routen zwischen Frankreich, Spanien, Großbritannien und Irland. Eine weitere Fähre namens Honfleur wird derzeit bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft gebaut und wird über einen Flüssiggasantrieb verfügen; drei weitere Schiff sind beauftragt.
Diese Reise durch die Biscaya wird vom derzeitigen Flaggschiff der Reederei, der Kreuzfahrtfähre Pont Aven durchgeführt. Dieses RoPax-Fähre, gebaut von der Meyer-Werft in Papenburg, wurde im März 2004 in Dienst gestellt. Sie verfügt über vier Garagendecks, in denen bis zu 650 Fahrzeuge Platz haben. Die maximale Passagierkapazität beträgt 2400 Personen bei 650 Kabinen. Angetrieben wird das Schiff von vier MaK M43 Dieselmaschinen, die zusammengenommen 68535 PS Leistung entfalten und eine Höchstgeschwindigkeit von 27 KN (50 KM/H) ermöglichen.
Sämtliche öffentlichen Bereiche Schiffs waren in einem absoluten Topzustand.
Kabine
Neben gewöhnlichen 2er und 4er Innen- und Außenkabinen können auch Luxuskabinen mit Balkon und Zugang zu einem exklusiven Schiffsbereich mit Lounge und Sonnendecks gebucht werden. Mir schien aber eine 2er Außenkabine mehr als ausreichend. Die eigentliche Kabine war vergleichsweise geräumig und gemütlich, wenngleich für meinen Geschmack etwas zu dunkel, eingerichtet. Die angeschlossene Nasszelle ist eher klein und zweckmäßig. Handtücher, Seife und Haarshampoo stehen in ausreichender Menge zur Verfügung.

Die Einrichtung und Böden waren tippptopp sauber, der Schreibtisch allerdings zerkratzt. Leider war auch die Bettwäsche nicht völlig 1a (Flecken auf dem Bettüberzug).



Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich, dass hinter dem großen Rundfenster noch ein Umgang war, so dass immer mal Mitreisende quasi direkt an meinem Bett vorbeiliefen.
Bordleben
Bordeinrichtungen
Wie schon der Gattungsname sagt, soll Passagieren auf diesen Fähren ein an Kreuzfahrtschiffe heranreichender Komfort geboten werden. Ob das der Fall ist kann ich mangels Kreuzfahrterfahrung zwar nicht beurteilen, die Pont Aven verfügt aber auf jeden Fall über Annehmlichkeiten, die sie definitiv von den bisher von mir genutzten „LKW-Fähren“ abheben.
So bieten die fünf Passagierdecks ein gediegenes Restaurant, mehrere Selbstbedienungsrestaurants, eine Pianobar, mehrere Cafés, ein Innenpool, zwei Kinos und ein weitläufiger Duty-Free-Shop reichlichen Luxus. Dazwischen finden sich immer wieder aufwändig dekorierte Sitzbereiche. Die Außendecks sind etwas spartanischer und haben außer einigen Plastikstühlen nicht viel zu bieten, merkwürdigerweise auch keine Gastro.
Alle diese Räume werden nach der Abfahrt weidlich bespielt, vom Empfang an der Rezeption mit Sangria und Cocktails über Wein- und Whiskeyproben im Shop, Pianisten in den Bars, Kinderanimation und sogar einer Art abendlicher Gala mit ganz gutem Illusionisten und gar nicht mal so guter Sängerin. Die ganze Bespaßung ist aber angenehm unaufdringlich und es bleiben noch viele ruhige Ecken, von denen aus man einfach nur aufs Meer schauen kann.
In den öffentlichen Bereichen wird eine Art Schmalspur W-Lan angeboten, das für Google-Recherchen, Instagram-Posts u. ä. gerade so reicht. Der Zugangscode steht auf der Kabinenkarte. Mehr Bandbreite bzw. Verfügbarkeit auf der Kabine kostet einen Aufpreis und ist sowohl zeitlich als auch vom Datenvolumen her limitiert. Selbst das teuerste Paket mit 17,90 Euro fällt mit 4,0 Std/600 MB ziemlich mager aus.
Essen & Getränke
Hier punktet Brittany Ferries sehr hoch. Obwohl ich mich eher an die preisgünstigen Optionen in Cafés und Selbstbedienungsrestaurant gehalten habe, war jedes probierte Gericht frisch, schön angerichtet und lecker.
Neben Frühstück bieten die Cafés den ganzen Tag über kleine Snacks wie z. B. Croque-Monsieur (Schinken-Käse Toast), Sandwiches und eine sensationelle Auswahl an französischen Obst-Tartes. Im Selbstbedienungsrestaurant werden zusätzlich Suppen und warme Hauptgerichte serviert.




Das deutlich teurere Hauptrestaurant wirkte ansprechend, allerdings fand ich die Karte ziemlich altbacken und daher blieb es bei einem Blick durchs Fenster.
Die Bars haben verschiedene Weine und die gängigen internationalen Spirituosen im Angebot. Leider fehlt eine genießbare Biermarke (habe tapfer ein Kronenbourg runtergewürgt aber… und Fosters made in UK ist irgendwie auch keine Alternative). An Wein gab es je zwei Sorten Rot und Weiß sowie einen Rosé, was für ein französisches Schiff fast etwas wenig ist, zumal die jeweilige Günstigvariante Cellier de Dauphines doch ein arger „Tankstellenwein“ ist.
Aber wo es so günstig Orangina und Fanta Citron gibt… Besonders lobenswert auch der gratis Trinkwasserhahn zwischen Selbstbedienungsrestaurant und Café de Festival im Bug.
Finanzielles
Softdrinks kosten um die 2,50 Euro, ein Bier 4,00 Euro und ein Glas Wein um die 6,00 Euro. Das Frühstück im Café kam auf 8-10,00 Euro, ein Café au Lait auf 2,50 Euro. Mittag-/Abendessen dort ab 15,00 Euro. Für ein ausgiebiges Abendessen im formellen Restaurant sollte man mindestens 40,00 Euro (ohne Getränke) einplanen.
Bezahlt werden kann mit Euro, Pfund Sterling oder Karte.
Publikum
Meine Reise fiel in die erste Woche der britischen Osterferien und es waren eine ganze Reihe Familien, hauptsächlich Großeltern mit Enkeln unterwegs. Dazu ein gesetzteres Reisepublikum aus Großbritannien und Spanien und einige Motorradfahrer. Trotz Ferienzeit war die Fähre nicht sehr voll, was möglicherweise auch an dem harten Brexit lag, der in der Woche theoretisch hätte in Kraft treten können.
Ein Gedanke zu “Fährkreuzfahrt von Portsmouth nach Santander”